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Ein Jahrgang mit guten Vorzeichen - trotz klimatischer Herausforderungen

Das Weinjahr 2023 ist bilderbuchmäßig gestartet doch kurz vor dem Endspurt fordert ein Wechsel von Hitze- und Regenperioden noch einmal den ganzen Einsatz der Winzer. Zusätzlich halten Gesetzesentwürfe der EU die Winzer im Land weiter in Atem.

15. 09. 2023
Weinlese in Baden
Am 15. September informierte der Badische Weinbauverband im Weingut Gebrüder Mathis in Merdingen (Tuniberg) über den Weinjahrgang 2023 und die Herausforderungen mit denen sich die Winzerinnen und Winzer im Land in Zukunft konfrontiert sehen. An der Herbstpressekonferenz des Verbandes nahm in diesem Jahr auch der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, Peter Hauk (MdL), teil. Bereits bei der Begrüßung der Medienvertreter gab der Präsident des Badischen Weinbauverbandes Rainer Zeller einen ersten Ausblick auf den Jahrgang 2023, den er als vielversprechend und herausfordernd zugleich beschrieb. Gemeinsam Lösungen finden Als wesentlich herausfordernder bezeichnete Zeller die Vorstöße einiger EU-Parlamentarier, ein Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten durchsetzen zu wollen. Zwar sehe er bei der Politik mittlerweile, auch Dank der Aufklärungsarbeit der Verbände, etwas mehr Verständnis für die Anliegen des Weinbaus, Sorge bereite ihm aber nach wie vor das ideologisch geprägte Vorgehen, mit dem einige EU-Parlamentarier ihre Agenda auf dem Rücken der Landwirtschaft durchzusetzen versuchten, ohne sich der Konsequenzen ihrer Forderungen vollumfänglich bewusst zu sein. Immerhin könnte eine entsprechende EU-Verordnung den Weinbau auf 30 Prozent der Landesfläche nahezu unmöglich machen. In diesem Zusammenhang hob Zeller die Bedeutung des Weinbaus für den Erhalts der Kulturlandschaft sowie für das Leben in den ländlichen Räumen und den Tourismus im Land hervor. Der Weinbau sei nicht nur landschafts- sondern auch kulturprägend und deshalb von hoher Bedeutung für Einheimische wie Touristen. Zeller rief Winzer, Politik und Gesellschaft auf, sich zusammenzutun und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, um die vom Weinbau geprägte Kulturlandschaft für künftige Generationen zu erhalten. Die Winzerinnen und Winzer im Land hätten mit der Umsetzung der Vorgaben aus dem Biodiversitätsstärkungsgesetz bewiesen, dass sie sich den wichtigen Themen der Zukunft nicht verschließen. Jetzt sei die Politik gefragt auch ihren Teil der Abmachung zu erfüllen. Den in Baden-Württemberg eingeschlagenen Weg, gleichermaßen die Biodiversität und die vom Weinbau geprägten Kulturlandschaften zu erhalten, sieht Zeller als gute Blaupause für Deutschland und die EU. In seinem Statement vor rund 20 Pressevertretern äußerte sich Weinbauminister Peter Hauk vorsichtig optimistisch hinsichtlich der Diskussionen in Brüssel über die Verbote von Pflanzenschutzmaßnahmen. Unterstützung für die Branche kündigte Hauk auch in Form eines Strategieprozesses Weinbau an, in dem gemeinsam mit den Verbänden ein gesamtgesellschaftliches Konzept zum Erhalt des Weinbaus und der durch ihn geprägten Kulturlandschaft erarbeitet werden soll. Den Unbillen, denen der Weinbau durch klimatische Veränderungen vermehrt ausgesetzt ist, möchte der Minister nach bayerischem Vorbild mit einem Angebot für eine umfassende Mehrgefahrenversicherung begegnen, allerdings sei noch fraglich ob die finanzielle Situation des Lamndeshaushalts eine solche Unterstützung zulasse. Positiv äußerte sich Minister Hauk zum Fortschritt im Weinbau hinsichtlich der im Biodiversitätsstärkungsgesetz definierten Reduktionsziele. Zugleich betonte er, dass nicht in jedem Jahrgang eine weitere Reduktion zu erwarten sei, dafür seien die Witterungsbedigungen einfach jahrgangsbedingt zu unterschiedlich. Auch der Jahrgang 2023 war von Trockenperioden geprägt Im Anschluss an die Ausführungen von Minister Hauk gab der Geschäftsführer des Weinbauverbandes, Holger Klein, einen Überblick über die Entwicklung und die Aussichten für den Weinjahrgang 2023. Schon Austrieb und Blüte hätten demnach 2023 gute Voraussetzungen für einen vielversprechenden Jahrgang geschaffen. Der Austrieb der Reben sei um den 18. April erfolgt. Da die Witterung zu diesem Zeitpunkt und bis zur Blüte (um den 6. bis 8. Juni) sehr stabil war, ging die Blüte in allen Bereichen Badens zügig durch. Dank der langen Trockenphase im Mai-Juni hielt sich der Druck von Pilzkrankheiten mit wenigen Ausnahmen in Grenzen, so Klein. Zwar hätten anfänglich Infektionen mit Peronospora und Oidium den Winzern Sorgen bereitet, diese seien aber wegen der dann einsetzenden stabilen und trockenen Witterungsverhältnisse weitgehend unbegründet geblieben. Nach einer überdurchschnittlich langen Phase ohne nennenswerte Niederschläge habe zwischen Ende Juli und Anfang August endlich der lang ersehnte Regen eingesetzt und genau zum richtigen Zeitpunkt für eine ausreichende Wasserversorgung der Reben gesorgt. Während des überdurchschnittlich trockenen Frühsommers hätten die Winzer insbesondere Junganlagen mit Wasser versorgen müssen. Ältere Anlagen profitierten in dieser Situation von ihrem tief gehenden Wurzelwerk. Die kühlen Temperaturen Anfang August hätten die physiologische Reife der Reben zwar insgesamt ein wenig verlangsamt, so Klein, allerdings sorgte die gute Wasserversorgung im gleichen Zeitraum für gute Ertragsaussichten. Regionale Starkwetterereignisse Während weite Teile des Anbaugebietes 2023 von nennenswerten Starkwetterereignissen verschont geblieben waren, kam es am 24. Juli und 24. August zu teilweise starken Hagelschäden im Bereich Markgräflerland. Dabei wurden Reben auf einer Fläche von über 1.000 Hektar beeinträchtigt. Die betroffenen Anlagen zeigten in der Folge einen etwas verzögerten Reifeverlauf. Glücklicherweise folgte auf die Niederschläge wieder eine längere Trockenphase mit hochsommerlichen Temperaturen von teilweise über 30 Grad, was dafür sorgte, dass verletzte Beeren austrocknen und abfallen konnten. Auch der Rückstand bei den Mostgewichten konnte bis zum heutigen Tag nahezu aufgeholt werden. Gründliche Selektion und zügige Lese sorgen für gute Qualitäten Den Reifebeginn der Trauben verortet Klein in diesem Jahr nahezu gleichauf mit dem Vorjahr (zweite Augustwoche). Vor Beginn der Lese seien die Laubwände in den meisten Anlagen sehr gesund und entsprechend vital gewesen, was ideale Voraussetzungen für gute Qualitäten und Erträge darstelle. „Insbesondere die Winzer, die ihre Anlagen auf moderate Erträge ausgerichtet hatten und zum richtigen Zeitpunkt Pflanzenschutz sowie qualitätsfördernde und ertragsregulierende Maßnahmen ergriffen haben, werden in diesem Jahr für Ihre Mühen belohnt.“, betonte Klein. Seiner Einschätzung nach werden die Winzer im gesamten Anbaugebiet nach den ersten beiden hochsommerlichen Septemberwochen insgesamt recht zügig lesen, um möglichst gesundes Lesegut mit moderaten Alkohol- und stabilen Säurewerten zu erhalten. Insbesondere in den vom Hagel betroffenen Anlagen wurde vor der Lese vorselektioniert oder sehr selektiv lesen. Das steigere zwar die Qualität, bringe allerdings auch einen erhöhten Arbeitsaufwand und damit höhere Kosten für die Betriebe mit sich, erläuterte Klein. Auch in Anlagen, die von Sonnenbrand oder Insektenfraß betroffen sind, werden die geschädigten Trauben, wo immer möglich, entfernt, sodass man wohl erst kurz nach der Lese eine verlässliche Auskunft über die tatsächliche Ertragssituation wird geben können, zumal die trocken-heißen Septemberwochen sicher noch den ein oder anderen Liter Wein gekostet hätten. Aktuell geht der Badische Weinbauverband davon aus, dass sich der potenzielle Ertrag 2023 etwa im langjährigen Mittel, also zwischen 100 und 120 Mio. Litern bewegen wird. Für eine genaue Angabe zur Erntemenge sei es aktuell noch zu früh, so Klein. Das hänge wesentlich von den Witterungsbedingungen der kommenden Wochen ab.